Nostalgiebetten – Bett 3

Gedruckte und echte Tiere

Als ich 10 war, zogen wir knapp 300 Meter weiter in unser eigenes Haus. Mit dem Umzug wechselten wir nicht nur den Ort, sondern auch gleich noch den Landkreis und somit das Autokennzeichen. Ich mochte das Haus, aber es war das Haus meiner Eltern, sie verwirklichten ihre Träume von dem perfekten Zuhause, nahmen kleinere Schönheits-OPs in Angriff und mit der Zeit auch die ein oder andere Ausbuchtung nach unten und nach vorn. Ich habe ja schon erwähnt, dass ich Veränderungen in meinem Zuhause zwiegespalten gegenüberstehe – und so bleiben Haus und Garten in meiner Erinnerung primär in ihrer Erstfassung erhalten. Von den Veränderungen so gut wie nicht betroffen war allerdings mein Bett.

Mein Bruder und ich bekamen Zimmer nebeneinander, in denen jeweils ein Zugang zum Spitzboden geschaffen wurde. Wir hatten also jeder ein zweistöckiges Zimmer mit Leiter.

Der Spitzboden war so hoch, dass ein Erwachsener in der Mitte stehen konnte. Ich mutmaße, dass dieser Erwachsene meine Mutter war.

Kontakt zur Außenwelt

In der rechten Ecke befand sich mein Bett – das Stapelbett, ein anderes hätte auch nicht hingepasst. Die hingelegten Eckpfosten des Etagen-/Hochbetts bildeten den Abschluss am Kopf- und Fußende. Das Bett stand an der Außenwand, um mich herum war also auf drei Seiten „draußen“. Neben dem Fußende war ein Dachfenster, durch das ich, auf dem Rücken liegend, den Himmel sehen konnte. Anfangs machte ich das Rollo noch runter, denn schließlich dachte ich, ich brauche Dunkelheit zum Schlafen. Dann stellte ich fest, dass dem nicht so ist, weil es viel schöner ist, wenn man aufwacht und rausgucken kann. Den Himmel als solchen erkennen kann man auch mit kurzsichtigen Augen. Seitdem schlafe ich ohne Verdunklung.

Terriermischling mit Frauchen

Der Hund und ich

An der Außenwand neben mir befand sich mein Bücherregal, an den schrägen Wänden brachte ich Poster an. Viele, viele Poster. Bis alles voll war. Ich war damals noch jung und unschuldig, dementsprechend handelte es sich um Tierposter aus der Apotheke, Postkarten und andere augenfreundliche, aber wenig anregende Motive. Auf dem Boden lag der Teppich aus meinem alten Kinderzimmer.

 

 

Schlumpflandschaft

Unter den Schlümpfen: der besagte Teppich, neben den Schlümpfen: das besagte Stapelbett, hinter den Schlümpfen: der weißlackierte Bettpfosten

Ich liebe es, wenn mein Bett mir akustisch den Kontakt zur Außenwelt ermöglicht. An der Außenwand stand eine Kiefer. Windete es, schlug sie direkt neben mir gegen die Außenwand. Regen prasselte auf das Dachfenster und die Dachpfannen über mir. Im Sommer ließ ich das Fenster offen und konnte in meinem Ex-Heimatort die Schranke mit ihrem anmutigen Pling-pling heruntergehen hören.

Sieben Jahre lang habe ich die Nächte in diesem Bett verbracht. Manchmal frage ich mich, warum ich bei dem Gedanken nicht wehmütiger werde. Aber letztlich ist die Jugend eine Zeit des inneren Aufbruchs, vielleicht hatte ich einfach keine Nerven, gemütlich im Bett zu liegen und die Zeit zu genießen. Ich hörte Radio und die alten Beatles- und Neil-Young-Platten meiner Mutter, ich ging aufs Gymnasium und lernte erstaunlich wenig, ich las die Agatha-Christie-Bücher meines Englischlehrers, ich war gut in Deutsch, solange ich Aufsätze schreiben durfte. Ich hatte Rennmäuse und einen Hund – den besten Hund der Welt, übrigens, wie jeder bestätigen wollen wird.

Zeichnung von Terriermischling

Der beste Hund der Welt.
Zeichnung von Jan Philipp Schwarz

Aber all das ist nicht mit dem Bett verknüpft, denn das war oben und mein Alltagsleben spielte sich unten im Zimmer ab. Mein Leben blieb unten, wenn ich abends ins Bett ging.

 

4 Kommentare
  1. Paula sagte:

    Toll, Deine Bettgeschichten! Da fallen mir doch all meine Betten ein, in denen ich bisher geschlafen habe. Besonders das „Um-die-Ecke-Bett“ in einem alten Forsthaus in der Nordheide, wir mal ein paar Jahre zusammen mit Freunden als Wochenendhaus bewohnten. Es war eine selbstgebaute Eckbank mit sehr harten, mit dunkelrotem Breitcord bezogenen Schaumstoff-Matratzen. In dem Zimmer stand ein kleiner Ofen in der Ecke, und wenn der im Winter nachts ausging, wurde es sehr kalt im Zimmer, so dass wir uns unter unseren schweren Federbetten verkriechen mussten. Nachts konnte man das Knacken der Zweige einer großen Kastanie vor dem Fenster hören, wenn der Wind ums Haus pfiff, oder die Laute eines Uhus, der im nahen Wäldchen lebte…..sehr gemütlich, aber auch ziemlich unheimlich.

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