Nostalgiebetten – Bett 6a und 6b

Unter der Hängematte schlafen

Was bisher geschah:

Sinnieren über die Betten meiner Vergangenheit. Wenn ich nicht einschlafen kann, träume ich mich in frühere Schlafstätten zurück.

Wir sind in meiner Jugend angelangt, ich ging in England zur Schule.

Auch in meinem zweiten Jahr in England besuchte ich meinen Bruder häufig. Er war ebenfalls umgezogen, wohnte jetzt näher am „Stadtzentrum“, dafür weiter weg von seiner Ausbildungsstätte. Mit einem Kommilitonen teilter er sich einen Teil eines wundervollen roten Backsteingebäudes, ein altes Ding mit Schiebefenstern und mehr als minderwertiger Heizung. In meiner Erinnerung gehörte es zwei ältlichen Damen, die uns auch mal zwecks Aussicht aufs Dach steigen ließen.

Das Bad war ein großer Raum, in dem willkürlich sanitäre Einrichtungen verteilt waren. Die Badewanne stand in der Mitte, irgendwo fand man auch eine nachträglich hereingeworfene Dusche mit Elektroantrieb – jedenfalls stand sie eines Tages wohl komplett unter Strom.

Kennt jemand die Outcesticide-CD von Nirvana? Ganz übles Geschrammel. Ich habe sie als Kassette mit extra vom Foto erstellter Zeichnung

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Mein Bruder hatte ein großes, dunkles Zimmer (kann auch am Wetter gelegen haben) und wenn ich schlief, legten wir alles auf mich, das wir nur finden konnten, um erfrorene Zehen zu vermeiden. Hängematte, Bademantel, alles fand seinen Weg auf mich drauf. Ein schweres Bett war das also, ich konnte mich kaum bewegen und ohne den Heizlüfter wären wir wahrscheinlich doch erfroren.

Manchmal aber, manchmal schlief ich auch woanders. Jetzt, wo ich näher an meinem Bruder wohnte, lachte ich mir natürlich jemanden an, der von der alten Schule vergleichsweise fix hätte erreicht werden könnte. Aber man kann nicht alles richtig machen und ich war ohnehin nur zweimal da. Sein Zimmer war groß und hoch und vor allem kahl, aber er hatte einen Wasserkocher, mit dessen Hilfe man Instantnudeln kochen konnte. Er hatte auch ein Bett, für das seine Schwester noch schnell schwarz-weiße Bettwäsche vorbeibrachte. Vor allem aber hatte er ein großes Erkerfenster zur Kreuzung.

Seitdem weiß ich, dass es keine gute Idee ist, an einer Kreuzung zu wohnen. Während ich die Straßenlaternen auf Fensterhöhe noch ignorieren konnte, haben mich die ständig haltenden und anfahrenden Autos tatsächlich um den Schlaf gebracht. So schlecht habe ich später nur einmal geschlafen.

Er war ein Kriegsflüchtling aus Bosnien. Ich besuchte ihn am 5. November („Remember, remember the fifth of November“) und wir gingen zu keinem Bonfire und zu keinem Feuerwerk, weil er gerade dem knallenden Krieg entkommen war.

Ein Thema, das aktueller nicht sein könnte. Ich bin oft erstaunt, wie sehr sich viele aus Kriegsgebieten Geflüchtete auf Silvester freuen. Aber letztlich hat jeder eine andere Art, mit seiner Vergangenheit und Gegenwart umzugehen. Wie auch immer: Ich wünsche Euch allen über dem Kopf einen Eimer voller Glück, der, wann immer es nötig ist, eine angemessene Menge Glück auf Euch absondert.

Hiermit endet das erste Kapitel ausländischer Betten, es wird aber nicht das letzte gewesen sein.

 

1 Antwort
  1. Uwe sagte:

    Danke für den schönen Stoff, ich meine den Lesestoff. Sehr schöne reihe, auch Leni Bloggt finde ich sehr spannend. ich würde gern mehr davon lesen. Danke

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